Adduktoren und Abduktoren trainieren – sinnvoll oder reine „Frauenmaschinen“?
Heute im Training habe ich etwas gemacht, was ich früher nie für möglich gehalten hätte: Ich habe die beiden Geräte für Adduktoren und Abduktoren benutzt. Diese Maschinen, bei denen man entweder die Beine nach innen oder nach außen drückt, haben wir damals in unserer „Hardcore-Zeit“ nur belächelt. Für uns gehörte das nicht zum echten Krafttraining – das war etwas, das höchstens Frauen machen.
Doch die Zeit vergeht, man sammelt Erfahrungen und heute sehe ich die Sache ganz anders.
Rückblick: Unser Hardcore-Programm mit Anfang 20
Als ich etwa 20 bis 22 Jahre alt war, gab es für uns nur eine klare Linie: Schwer trainieren, alles geben, den Muskel zerstören. Unser Beintraining sah ungefähr so aus:
- 5 Sätze Kniebeugen – mit ordentlich Gewicht, tief und kompromisslos.
- 5 Sätze Beinstrecker – für den vorderen Oberschenkel.
- 5 Sätze Bein-Curls im Liegen – für die Rückseite.
- 5 Sätze Beinpresse – als „Auspowern“ mit Maximalgewicht.
Nach diesem Programm konnten wir kaum noch laufen, und genau das war für uns das Ziel. Alles andere war Beiwerk – und die Adduktoren- und Abduktorenmaschinen? Die haben wir belächelt. „Das sind Frauenmaschinen“, sagten wir damals. „Die braucht ein richtiger Kerl nicht.“
Der Perspektivwechsel im Laufe der Zeit
Heute – Jahre später – habe ich mir diese Geräte doch einmal vorgenommen. Nicht, weil ich schwächer geworden bin, sondern weil ich verstanden habe, dass es beim Training nicht nur um das Aufpumpen der großen Muskelgruppen geht.
Im Laufe der Jahre habe ich gemerkt: Je mehr man trainiert, desto wichtiger wird es, auch die kleineren Muskelgruppen einzubeziehen. Denn sie sind oft entscheidend für Stabilität, Gelenkgesundheit und sogar die Optik.
Warum Adduktoren- und Abduktorentraining sinnvoll ist
1. Gesundheit & Stabilität
Die Adduktoren (Innenseite der Oberschenkel) und die Abduktoren (Außenseite/seitliche Hüfte) spielen eine Schlüsselrolle für die Stabilität im Becken und in den Knien.
- Starke Abduktoren verhindern, dass die Knie beim Gehen, Laufen oder Kniebeugen nach innen fallen.
- Starke Adduktoren stabilisieren die Beine von innen und beugen Verletzungen vor.
Gerade Sportarten wie Fußball, Tennis oder Skifahren belasten diese Muskelgruppen enorm. Wer hier Defizite hat, riskiert Leistenzerrungen oder Knieprobleme.
2. Prävention von Schmerzen
Viele Rückenschmerzen oder Hüftprobleme haben ihre Ursache in einer Muskel-Dysbalance. Wenn die Oberschenkelvorderseite stark ist, die Abduktoren aber schwach, kommt es zu Fehlbelastungen. Auch im Alltag – beim Treppensteigen, Laufen oder langen Sitzen – machen sich diese Unterschiede bemerkbar.
Gezieltes Training der Abduktoren und Adduktoren sorgt dafür, dass der gesamte Unterkörper ausbalanciert bleibt.
3. Optische Wirkung
Früher haben wir nur den „Look“ der Oberschenkelvorderseite im Spiegel gesehen. Aber ein gut trainierter Oberschenkel besteht nicht nur aus Quadrizeps und Beinbizeps.
- Adduktoren geben der Beininnenseite Form und lassen die Oberschenkel massiver wirken.
- Abduktoren, vor allem der Gluteus medius an der Hüfte, formen die seitliche Silhouette und geben der Hüfte eine athletische Linie.
Viele Bodybuilder, die Wert auf eine perfekte Beinentwicklung legen, wissen: Ohne trainierte Adduktoren wirkt der Oberschenkel unvollständig.
4. Leistungssteigerung im Training
Auch für die großen Grundübungen wie Kniebeugen oder Kreuzheben spielen Adduktoren und Abduktoren eine wichtige Rolle. Sie stabilisieren das Becken und unterstützen die Bewegung. Wer diese Muskeln stärkt, kann langfristig mehr Gewicht sauber bewegen und die Technik verbessern.
Vom Lächeln zum Verständnis
Heute muss ich schmunzeln, wenn ich an unsere Sprüche von früher denke. Wir haben damals hart trainiert, keine Frage – aber wir haben nicht verstanden, wie wichtig Ausgleich und Stabilität sind.
Wenn ich mir heute anschaue, wie viele Sportler Verletzungen im Knie- oder Hüftbereich haben, wird mir klar: Vieles davon könnte man mit gezieltem Training der Adduktoren und Abduktoren verhindern.
Und ja, auch die Optik spricht eine Sprache: Ein Bein sieht einfach „fertiger“ aus, wenn alle Muskeln trainiert sind – nicht nur die großen.
Fazit: Frauenmaschinen? Mitnichten!
Was wir früher als „Frauenmaschinen“ abgetan haben, ist in Wahrheit ein wichtiger Baustein für gesundes, ausgewogenes Beintraining. Klar, die Geräte sind nicht das Herzstück eines Hardcore-Workouts. Aber sie füllen genau die Lücken, die Kniebeugen, Beinpresse & Co. offenlassen.
Mein heutiges Fazit:
- Wer langfristig gesund, stark und athletisch bleiben will, sollte auch Adduktoren und Abduktoren trainieren.
- Nicht in 5 Sätzen bis zum Muskelversagen, sondern gezielt und ergänzend.
- Gesundheitlich bringen sie Stabilität, physisch mehr Kraft und optisch ein kompletteres Bild.
Also: Heute gehe ich nicht mehr mit einem Lächeln an diese Geräte, sondern mit dem Bewusstsein, dass sie ein wichtiger Teil eines vollständigen Beintrainings sind.
Praktische Übungen für Adduktoren und Abduktoren
Wer kein Fan von Maschinen ist oder zusätzlich Abwechslung sucht, kann Adduktoren und Abduktoren auch mit freien Übungen oder Bändern trainieren. Hier drei einfache, aber sehr effektive Varianten:
1. Seitliches Bandgehen (Monster Walks)
- Equipment: Miniband (um die Oberschenkel oder Knöchel).
- Ausführung: In leichter Kniebeuge seitlich kleine Schritte gehen, Spannung im Band halten.
- Zielmuskel: Abduktoren (Gluteus medius).
- ✅ Super für Hüftstabilität, kann auch als Warm-up vor Kniebeugen dienen.
2. Seitliches Beinheben im Liegen
- Equipment: optional ein Knöchelband oder Gewichtsmanschette.
- Ausführung: Auf der Seite liegen, oberes Bein gestreckt nach oben heben und langsam absenken.
- Zielmuskel: Abduktoren.
- ✅ Simpel, überall machbar, gut für Anfänger und Fortgeschrittene.
3. Adduktor Side Plank (seitlicher Unterarmstütz mit Beinheben)
- Equipment: keins.
- Ausführung: Seitstütz, das untere Bein trägt das Gewicht und hebt den Körper. Das obere Bein liegt locker aufgestützt oder frei.
- Zielmuskel: Adduktoren (Innenseite Oberschenkel).
- ✅ Sehr anspruchsvoll, trainiert auch Rumpf und Core.
4. Copenhagen Plank (fortgeschrittene Variante)
- Equipment: Bank oder stabile Erhöhung.
- Ausführung: Seitstütz, oberes Bein liegt mit dem Unterschenkel auf der Bank, Körper gerade halten. Das untere Bein hängt frei oder arbeitet aktiv mit.
- Zielmuskel: Adduktoren.
- ✅ Intensiv, hocheffektiv für Sportarten wie Fußball oder Eishockey.
👉 Empfehlung für den Trainingsplan:
2–3 Sätze pro Übung, 10–15 Wiederholungen oder 30–45 Sekunden Haltezeit. Diese Übungen sind perfekt als Ergänzung zum schweren Beintraining und verbessern Kraft, Stabilität und Balance.
👉 Hast du schon Erfahrungen mit Adduktoren- oder Abduktorentraining gemacht? Schreibe mir gerne in die Kommentare, wie du es in dein Beintraining integrierst – und ob du ähnliche Vorurteile hattest wie ich früher.